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Analyse der Positionierung mit GNSS und RTK mit der Geographic Info Toolbox

von Elvira Thonhofer

In vielen unserer Entwicklungen und Anwendungen bei ANDATA ist eine präzise, vertrauenswürdige aber auch günstige Lokalisierung wichtiger Bestandteil. Eine technische Variante davon ist Real-time Kinematic Positioning (RTK). Der vorliegenden Blog beinhaltet eine schnelle Untersuchung von RTK im Vergleich zu anderen GNSS-Varianten mit Hilfe der Geographic Info Toolbox.

Anwendungsfälle und Anforderungen

Die folgenden Anwendungsfälle liefern die funktionalen Anforderungen für die Lokalisierungsgenauigkeit.

  • Die Kollisionsvermeidung von beliebigen Fahrzeugen mit anderen Fahrzeugen sowie ungeschützten Verkehrsteilnehmern (Zweiräder und Fußgänger) benötigt eine Prognose der Bewegungen dieser Verkehrsteilnehmer. Dies kann mitunter durch Zuhilfenahme von GNSS-Lokalisierungen erfolgen bzw. verbessert werden.

  • Viele Services der direkten Fahrzeugvernetzung und Kommunikation - ITS-G5 genauso wie 5GAA - beinhalten eine Positionsinformation. Die beispielhafte Anwendung der Collective Perception ist etwa in Project COPE genauer ausgeführt.

  • Ein Digitaler Zwilling des Verkehrssystems (siehe https://ieeexplore.ieee.org/document/10102410 ) benötigt eine einfache, schnelle und präzise Positionierung und Lokalisierung verschiedener statischer Infrastruktur-Objekte als auch von bewegten Verkehrsteilnehmern.

  • Verhaltensmodelle der Verkehrsteilnehmer aus Naturalistic Driving oder Floating Car Daten benötigen die Positionen, um den passenden Umgebungskontext aus Karten und/oder Digitalen Zwillingen ermitteln zu können.

Betrieb unserer RTK Basis-Station

Wir betreiben seit Sommer 2024 unsere eigene RTK Basis-Station für Forschungs- und Entwicklungszwecke, um RTK in der Umgebung von Hallein nutzen zu können. Unsere Basis ist auf rtk2go (rtk2go NTRIP Caster Table) gelistet, die Daten damit können von interessierten Dritten bezogen werden.

Name HalleinANDATA
Protokoll RTCM 3.2
Nachrichten 1005(1), 1077(1), 1087(1), 1230(1)
GNSS GPS+GLO

 

Für die Nutzung der RTK-Korrekturdaten gelten die Nutzungsbedingungen von rtk2go. Wir übernehmen dafür und für unsere Basis-Station natürlich keine Gewähr.

Test-Konfigurationen

Zum Vergleich der Leistungsfähigkeit wurden 3 verschiedene Konfigurationen getestet:

Kürzel Beschreibung Features Aufzeichungssystem Kosten

konv. GNSS

Navilock NL-82002U u-blox NEO-M8U

GPS, Galileo, Beidou, Glonass, IMU

Raspberry Pi 3B+

ca. €200,-

2D

2D GPS Maus mit IMU

GPS, Galileo, Beidou, Glonass, IMU, Virtuelle Sensorik Motorrad-Dynamik

2D Sticklogger

ca. €2000,-

GPS+RTK

c94-m8p u-blox RTK application board

GPS + RTK

Raspberry Pi 3B+

ca. €500,-

 

Das konventionelle GNSS haben wir seit vielen Jahren im Einsatz auf unseren Versuchsträgern. Die GNSS-Antenne hatten wir zu Beginn der letzten Mess-Saison erneuert, die nun auch eine interne IMU hat und diese zusätzlich zur Verbesserung des Positionierungsergebnisses nutzen kann. Den 2D-Sensor von der Firma Debus & Diebold haben wir ebenfalls schon einige Jahre im Einsatz auf einem Motorrad-Versuchsträger. Die Nutzung von RTK ist neu und steht uns erst seit dem Sommer 2024 zur Verfügung.

Alle 3 Systeme sind gemeinsam auf der Gepäck-Brücke am Heck eines Motorrads mit freier Sicht nach oben montiert, sodass deren relative Positionsunterschied zueinander weniger als 10cm beträgt. GNSS und RTK werden über die selbe Raspberry Pi aufgezeichnet.

Teststrecke

Als Teststrecke dient die Rossfeld-Panorama-Straße, welche ausgehend vom ANDATA-Büro über die Dürnberg-Landesstraße angefahren wird. Die Teststrecke wird in beide Richtungen passiert. Die RTK-Basis-Station ist beim ANDATA-Büro eingerichtet, welches gleichzeitig Start- und End-Punkt der Testfahrten ist. Die folgende Abbildung zeigt die Teststrecke sowie die Lage der RTK Basis-Station und einen 8km Radius, innerhalb dessen sich die gesamte Teststrecke befindet.

Diese Testrecke beinhaltet einige Herausforderungen bezüglich der Positionierung mittels GNSS, insbesondere diverse Stellen mit reduzierter Sicht auf Satelliten aufgrund alpiner Gelände-Formation, Bewaldung und Hauswänden (Stadt Hallein):

  • Am Beginn der Dürnberg-Landesstraße befindet sich eine Lawinengalerie ab Position 47°40'52.9"N 13°05'25.8"E, gefolgt von kurvigen Passagen mit eingeschränkter Satelliten-Sicht. (Details 7 und 8 in der nachfolgenden Übersichtsdarstellung)

  • In der überdachten Mautstation der Rossfeld-Straße wird die Satellitensicht in der Regel für mehr als eine Minute während dem Bezahlvorgang verdeckt (Detail 10).

  • Auf der Westseite der Rossfeldstraße befinden sich einige Waldpassagen in dichter Vegetation, ebenso bei der Anfahrt zur Mautstation (Details 14 und 18).

  • Die Rückfahrt endet mit der Durchfahrung der Halleiner Altstadt in den engen Häuserschluchten der Bräuer- und Wichtelhuberstraße sowie der Ruprechtgasse (Details 5 und 6).

Die oben genannten Detail-Ausschnitte sind in den folgenden beiden Grafiken dargestellt. Es wurden mehrere Testfahrten mit leicht unterschiedlichen Routen durch die Altstadt bzw. entlang der Rossfeld-Runde unternommen, daher sind die gezeigten Ausschnitte einzelnen Testfahrten zuordenbar.

Vergleich der verschiedenen Konfigurationen

Es wurde zwei Testfahrten unternommen, in denen alle 3 Konfigurationen gleichzeitig im Einsatz waren. Diese beiden Fahrten werden im Folgenden im Detail gezeigt und diskutiert.

Achtung: Der abgebildete Karten-Hintergrund ist nicht geeignet, absolute Abweichung der Positionsdaten von der Straße zu beurteilen. Die Quantifizierung der absoluten Genauigkeit innerhalb der Fahrtspur wird später gezeigt und nutzt hochgenaue, digital verfügbare Karteninformationen.

Detail 1 - Ortsgebiet Hallein, Start- und Endpunkt

Der Start- und Endpunkt in Hallein weist in beiden Messfahrten Auffälligkeiten auf. Die GNSS Antennen müssen erst die Satelliten detektieren und benötigen meist einige Sekunden für Kalt- bzw. Warmstart. Diese Zeit bis zur ersten vertrauenswürdigen Positionierung ist idR den Spezifikationen zu entnehmen.

Detail 2 - Ortsgebiet Hallein, Pernerinsel Süd

Vor dem Abbiegen auf der "Galsterer-Kreuzung" in Richtung Stadt-Brücke und Pernerinsel ist eine Ampel, an der das Motorrad in dieser Testfahrt zum Stillstand kommt. Dort driften alle 3 Signale deutlich sichtbar nach links (Osten). Die gemessenen Positionen in der Kreuzungspassage sind daher nicht vertrauenswürdig bzw. ungenau. Auf der Pernersinsel liegt das konventionelle GNSS Signal deutlich weiter links als die anderen beiden Signale.

Die Durchfahrt der Kreuzung Pernerinsel ist hier bei der zweiten Testfahrt kein Problem. Erkennbar ist dennoch eine größere Streuung der Positionierungs-Signale zwischen den Konfigurationen am Rückweg der Ausfahrt aus der Altstadt (links unten) sowie bei der Einfahrt in die Kreuzung von Süden kommend.

Detail 3 - Ortsgebiet Hallein, Pernerinsel Nord

Die Durchfahrt des Kreisverkehres auf der Pernerinsel ist für GPS+RTK sowie für die 2D-Sensorik kein Problem, das konventionelle GNSS weist eine sichtbare Abweichung auf. Vor dem Kreisverkehr (rechts im Bild) weist das Signal des 2D Sensors eine Abweichung auf. Die Erklärung dafür ist aktuell noch in Untersuchung folgt in einem späteren Blog.

Detail 5 - Ortsgebiet Hallein, Altstadt

Die Einfahrt in die Altstadt von Hallein ist generell eine schwierige Passage für GNSS-basierte Sensoren. Die Sicht auf die Satelliten wird durch hohe Häuser und die dahinterliegenden Geländeformen (Großer und Kleiner Barmstein) weitgehend verdeckt. Zusätzlich kann es zu Signal-Reflexionen an den Hauswänden kommen, die bei reduzierter Sicht auf die Satelliten auch nicht automatisch detektiert werden kann. Die drei Positionierungsergebnisse weisen dementsprechend deutliche Abweichung voneinander auf.

Die Signale streuen bei der Testfahrt 2 auch sehr stark. Das GPS+RTK System springt deutlich nach Süden im Vergleich zu den anderen Sensoren, was auf Satelliten-Signal-Reflexion hindeutet. Die blaue Trajektorie im oberen Bildrand ist eine unplausibel große Abweichung des konventionellen GNSS im nördlichen Bereich der Pernerinsel bei der Hinfahrt und ist in dieser Ansicht zu ignorieren.

Detail 7 - Dürnberg-Landesstraße Lawinenschutzgalerie

Der erste Abschnitt der Dürnberg-Landesstraße führt einerseits in bergiges und bewaldetes Gelände, andererseits verläuft die Straße stellenweise unter Lawinenschutzgalerien. Die Sicht auf die Satelliten ist in der Galerie nahezu vollständig behindert. Alle drei Systeme haben an diesen Stellen große Probleme und ergeben ungenaue Positionierungs-Signale. Die 2D-Sensorik funktioniert an diesen Stellen etwas verlässlicher, da mit den immer noch verfügbaren weiteren Sensor-Signalen aus der IMU zusätzlich Information als Virtueller Sensorik genutzt wird.

Auch bei der zweiten Testfahrt haben alle Systeme Probleme in der Galerie. 2D weist hier die erwartbar besten Ergebnisse auf. Sowohl konventionelles GNSS als auch GPS+RTK weisen große lokale Abweichungen auf und brauchen etwa 100m Wegstrecke, um wieder verlässlichere Positionsdaten zu liefern.

Detail 8 - Dürnberg-Landesstraße

Im unmittelbar weiteren Verlauf der Straße verliert das konventionelle GNSS die Verbindung zu den Satelliten und gibt keine Datenpunkte mehr aus (erkennbar durch die gerade Linie, die die einzigen verfügbaren Datenpunkte verbindet). Kurz vor der letzten gezeigten Kurve verliert auch das GNSS+RTK System das Signal und gibt keine Positionsdaten mehr aus. Der Ausfall ist aber deutlich kürzer als bei konventionellem GNSS.

Detail 9 - Rossfeld Waldpassage

Das RTK-Signal weist einen Versatz entlang der langen Gerade in einer dichten Wald-Passage auf. Sowohl das konventionelle GNSS als auch die 2D Sensorik liegen nahe aneinander.

In der zweiten Testfahrt driftet das Signal des konventionellen GNSS in der dichten Waldpassage deutlich. Dies ist zu erwarten. Das GPS+RTK Signal weist gegenüber der 2D-Sensorik nur minimale Abweichungen auf und beide folgen dem Straßenverlauf gut.

Detail 10 - Rossfeld Mautstelle

Alle drei Signale driften kurz unter dem Dach der Mautstelle bei Stillstand des Motorrades. Sowohl Stillstand als auch Überdachung stellen erwartungsgemäß Problemstellen für GNSS gestützte Positionierung dar.

In der zweiten Testfahrt driftet das konventionelle GNSS-Signal unter dem Dach der Mautstelle deutlich ab. GPS+RTK und 2D-Sensor Signale bleiben stabil bei minimalem Drift. Nach der Mautstelle entfernen sich die Signale voneinander, wobei das konventionelle GNSS zwischen den beiden anderen Signalen verläuft.

Detail 11 - Rossfeld Kehre vor dem Plateau

Alle drei Signale liegen bei der ersten Testfahrt nahe zusammen. Der Kartenhintergrund suggeriert, dass alle drei deutlich zu weit innerhalb der Kurve liegen. Während der Messfahrt hat das Motorrad nie die korrekte Fahrspur verlassen. Es handelt sich beim Hintergrund-Bild lediglich um einen visuell ansprechenden Hintergrund, nicht um präzise Ortho-Fotos mit garantierter, globaler Genauigkeit.

In der zweiten Testfahrt weisen die Trajektorien eine plausiblere Trajektorie in Bezug zur selben Karte wie oben auf. Das konventionelle GNSS Signal entfernt sich allerdings bei dieser zweiten Messfahrt nach dem Durchfahren der Kehre von den anderen beiden Signalen. Das ist nicht zu erwarten, da hier gute Sicht auf den Himmel gegeben ist. Es ist daher unklar, was die Ursache für diese Abweichung ist.

Detail 14 - Rossfeld 3 Kehren

Es tritt eine interessante Auffälligkeit an der oberen Kehre auf. Konventionelles GNSS springt und ist unplausibel. GPS+RTK und 2D-Sensor weisen relativ zueinander einen Versatz auf. Die Stelle ist dicht bewaldet und daher vermutlich schwierig für GNSS basierte Positionierung. Auffällig ist hier die Kombination aus Waldpassage mit einer engen Kehre.

Detail 15 - Rossfeld Lange Kurve

Das konventionelle GNSS Signal weist an dieser Stelle unerwartet große Abweichungen auf. Die Positionierungsdaten verlaufen nichteinmal etwa entlang der Straße, teilweise fehlen Datenpunkte (die durch gerade Linien zwischen Eckpunkten erkennbar sind). Es ist (vorerst) unklar warum diese Abweichung hier auftritt.

Analyse der Fehlermaße im Detail

Es gilt nun im Detail zu untersuchen, ob die Qualität der Positionierung aus den zusätzlich verfügbaren GNSS Daten (Fehlermasse, Anzahl der Satelliten, etc.) abgeleitet werden kann, oder ob insbesondere der Qualitätsverlust andere, (uns) unbekannte Ursachen hat.

Man weiß beispielsweise, dass die Anzahl und Verteilung der genutzten Satelliten einen Einfluss auf die Qualität hat. Es ist daher erwartbar, dass bei Sichtverdeckung auf Satelliten (Wald, Überdachung, Bergflanken, Häuserschluchten, etc.) das GNSS-gestützte Positionierungsergebnis schlechter wird. Diese Aspekte können wir mit den verfügbaren Daten untersuchen. Die Analyse ausgesuchter Stellen ist im nächsten Abschnitt dargestellt.

Andere Einflussfaktoren sind vermutlich auch das Höhenprofil bei GNSS-Sensoren, sowie die weiteren Sensor-Signale, die beim 2D Sensor zur Sensor-Fusion genutzt werden. Da uns der genutzte Algorithmus unbekannt ist, bleibt hier nur die systematische Untersuchung der Signale sowie das Formulieren der Hypothesen.

Bei der Verwendung von konventionellen GNSS-Systemen (GPS, GLONASS, Galileo und BeiDou) sind sowohl die Anzahl der Satelliten (mindestens 4 für eine gültige Positions-Berechnung) als auch deren Verteilung am Himmel von Bedeutung. Je nach Sicht auf den Himmel und Elevation-Maske kann die Anzahl der sichtbaren Satelliten stark variieren. Das trifft verstärkt auf Sensoren zu, die fix auf einem Motorrad montiert sind, welches sich in der Kurve deutlich neigt.

Die Nutzung von RTK basiert darauf, dass eine RTK Basis-Station Korrekturdaten für ein ihr verfügbares Sub-Set von gut verteilten Satelliten berechnet und aussendet. Ein GNSS+RTK Sensor im Feld kann daher auch nur maximal jene Satelliten nutzen, die auch an der Basis-Station verfügbar sind. Weil ein “Wechsel“ der genutzten Satelliten algorithmisch ungünstig ist, ist bei der Nutzung von RTK die Anzahl der genutzten Satelliten weitgehend konstant.

Zur Analyse der Daten steht uns mit unserem Software-Tool Stipulator ein geeignetes Werkzeug zur Verfügung um die Rohdaten der Messfahrten einzulesen, diese beliebig komplex zu verarbeiten und in einer Vielzahl von flexiblen Plot-Funktionen darzustellen.

Fehler-Maße für Details 14 und 15

In der Rossfeld-Passage Detail 14-15 zeigt das konventionelle GNSS in einer der Testfahrten große Abweichungen vom eigentlichen Straßenverlauf. Die Hypothese, dass es sich um ein Problem mit der Sichtbarkeit von Satelliten handelt, kann nun analysiert werden. Zur Verfügung stehen uns dazu zusätzlich zur Anzahl der genutzten Satelliten zu jedem Datenpunkt auch die Geometric Dilution of Precision (GDOP).

An jenen Stellen, an denen die Abweichung besonders groß ist (Kehre im Norden und Kurve im Südwesten), ist die Anzahl der genutzten Satelliten besonders niedrig (rote Datenpunkte).

Es zeigt sich, dass an den Problemstellen auch die GDOP-Werte beim konventionellem GNNS besonders groß sind. Zusätzlich fällt auf, dass wenn weniger als 4 Satelliten sichtbar sind, der GDOP-Wert garnichtmehr ausgegeben wird (fehlende Datenpunkte, im GDOP Plot, wo im Plot der Anzahl der sichtbaren Satelliten noch Datenpunkte vorhanden sind).

Folgende, markante Zusammenhänge sind festzustellen:

  • Sind weniger als 4 Satelliten nutzbar, wird kein GDOP Wert mehr berechnet. Das Positionierungsergebnis ist nicht vertrauenswürdig.

    • sichtbar an 2 Stellen im Detail: Kehre Nord und Kurve Südwesten

  • Die GDOP Werte sind wenig sensitiv darauf, wie viele Satelliten genutzt werden, solange etwa > 6 Satelliten gut verteilt am Himmel sichtbar sind

    • sichtbar an der Einfahrt von Links in die Karte: GDOP im Bereich 1,5 bis 3, bei gleichzeitig Anzahl der genutzten Satelliten im Bereich 4 bis 16+

Sichtbare Satelliten entlang der gesamten Rossfeld-Passage

In den oben gezeigten Übersichtskarten der Trajektorien ist im Bereich Rossfeld jeweils nur eine Fahrtrichtung dargestellt, damit die Positionierungsergebnisse leichter zu interpretieren sind. Schon bei zwei Messfahrten ist erkennbar, dass an manchen Stellen durchaus unterschiedlich gute Ergebnisse erzielt werden. Um dieses Verhalten besser zu verstehen, haben wir uns die Anzahl der genutzten Satelliten beispielhaft für eine Fahrt in beiden Richtungen angesehen und direkt verglichen.

Genutzte Satelliten und GDOP für konventionelles GNSS

Es werden beim konventionellen GNSS unterschiedlich viele Satelliten in den jeweiligen Fahrtrichtungen genutzt. Die oben im Detail gezeigte Problemstelle sticht deutlich als Ausnahme hervor, in der weniger als 4 Satelliten genutzt werden. Ansonsten variiert die Anzahl der genutzten Satelliten zwischen 6 und über 16. Auffallend ist, dass in der selben Passage in den Fahrtrichtungen dennoch sehr unterschiedlich viele Satelliten genutzt werden.

Sichtbare Satelliten und GDOP für GPS+RTK

Die Nutzung von RTK stabilisiert die Anzahl der genutzten Satelliten. Es werden, soweit sichtbar, alle Satelliten, die auch an der Basis-Station gesehen werden und für die folglich RTK Korrekturdaten verfügbar sind, genutzt.

Erwartungsgemäß ist daher die Anzahl der genutzten Satelliten weitgehend konstant und liegt bei etwa 10-12 Satelliten. Damit ist hier der systemische Vorteil von RTK auch praktisch dargestellt (im Vergleich zu der teilweise reduzierten Satellitensicht beim konventionellen GNSS ohne RTK oben).

Datengrundlage für die quantitative Beurteilung der Genauigkeit

Um die Genauigkeit unserer Messdaten automatisiert quantitativ beurteilen zu können, benötigen wir digital verfügbare “Ground Truth“-Daten. Unsere Test-Strecke verläuft im Grenzgebiet zwischen Bayern (Deutschland) und dem Land Salzburg (Österreich). Die Datengrundlage muss also für beide Länder verfügbar sein.
Für die Beurteilung der horizontalen Genauigkeit, also beispielsweise der Genauigkeit innerhalb der Fahrbahn oder sogar Fahrspur, stehen uns mehrere potentielle Quellen zur Verfügung:

Ortho-Fotos eignen sich in Kombination mit QGIS zur visuellen Überprüfung der Genauigkeit. Die Straßenverläufe sind allerdings nicht digital verfügbar und eignen sich daher nicht ohne Weiteres zur automatisierten Auswertung.

Kartenmaterial von OSM hingegen stellt Straßenverläufe digital zur Verfügung. Diese können über eine API in einem Gebiet abgefragt werden. Gleichzeitig verspricht OSM keine absolute Genauigkeit der Kartendaten.

Wir haben also folgende Vor-Verarbeitungsschritte unternommen:

  • OSM-Daten im Gebiet der Rossfeld-Runde mit unseren Tools automatisiert abgefragt

  • abschnittsweise manuelle Prüfung der Lage der Mittellinien über Ortho-Fotos (QGIS)

  • Nutzung der isolierten Mittellinien-Daten in unseren Tools zur Berechnung der horizontalen Positionierungsgenauigkeit

Die in den gezeigten Abbildungen als Hintergrund genutzten Satelliten-Bilder sind keine Orthofotos und eignen sich daher nicht zur Beurteilung der quantitativen Genauigkeit.

 

Zur Beurteilung der vertikalen Genauigkeit stehen uns ebenfalls mehrere Quellen zur Verfügung:

Die Geländemodelle sind im Wesentlichen Punktewolken, wobei jeder Punkt als Koordinaten die geographische Länge, Breite und Höhe über dem Meer (Achtung, eventuell unterschiedliche Bezugspunkte) hat. Zu beachten ist, dass das Geländemodell - wie der Name schon sagt - die Form des Geländes abbildet. In Abschnitten, wo die Straße als Tunnel oder Brücke geführt wird, ist sie im Geländemodell nicht sichtbar.

Das Geländemodell enthält außerdem keine (explizite) Information über die Lage der Straße, d.h. es gibt keine Labels, die Straßen-Punkte identifizieren oder Ähnliches. Es ist dennoch möglich jene Teile des Geländemodells zu isolieren, die zu den Straßen in unserer Test-Strecke gehören, da wir deren Mittellinien-Verlauf bereits digital verfügbar haben. Das ermöglicht es uns, nachfolgend auch mit der digital verfügbaren Höheninformation zu arbeiten.

Statistische Auswertung der Spur-Genauigkeit

Für die nachfolgende Nutzung von Messdaten zum Training von Verhaltensmodellen ist es notwendig, sicherzustellen, dass die Datengrundlage eine ausreichende Qualität aufweist. Dazu gehört auch, dass Ungenauigkeiten quantifiziert werden können und, basierend auf passenden Kriterien, Messdaten abschnittsweise genutzt oder verworfen werden können.

Es stehen uns mit dem Tool Stipulator und der Geographic Info Toolbox Funktionen zur Verfügung, die es uns erlauben eine Vielzahl von Fahrten kollektiv auszuwerten und zu analysieren. So lassen sich beispielsweise systematische Fehler besser erkennen und geeignete Kriterien zur Berechnung von Qualitätsmerkmalen finden und berechnen.

Zur Bewertung der horizontalen Genauigkeit dient der Abstand zur Mittellinie der Straße (ground truth). Das Kartenmaterial wird als Open Government Daten aus Bayern und dem Land Salzburg zur Verfügung gestellt. Nachdem die Mittellinien (automatisch) digitalisiert wurden, können sie zur Berechnung der horizontalen Genauigkeit des Positionierungsergebnisses genutzt werden.

Insgesamt stehen uns je nach System erst wenige Messfahrten zur Verfügung, die wir kollektiv auswerten können.

Statistische Auswertung der horizontalen Genauigkeit für konventionelles GNSS

Mit konventionellem GNSS (und der aktuellsten GNSS Antenne) stehen uns 11 Fahrten zur Verfügung. Die nachfolgenden Abbildungen sind so zu lesen: In Farbe ist der gemittelte Abstand der Positionsdaten zur wahren Mittellinie der Straße dargestellt. Ein Abstand zwischen 0 und 3.5 m (positiv, Gelb bis Dunkelrot) bedeutet, dass die Positionsdaten im Mittel auf der richtigen Fahrspur gemessen werden.
Negative Abstände (Grün bis Dunkelblau) bedeuten, dass die Positionierung auf der Gegenfahrbahn gemessen wurde.

Es lassen sich in dieser Darstellung Abschnitte mit im Mittel unbefriedigender Positionierungsgenauigkeit ermitteln (Kurve im Westen der Rossfeld-Runde). Unser Ziel ist es, solche Abschnitte verlässlich zu identifizieren und (messbare) Ursachen zu identifizieren. Darüber hinaus liegt die Mittlere Positionierungsgenauigkeit farblich zwischen Hellgrün und Gelb, was der Straßenmitte entspricht. Das ist unplausibel, denn auch mit dem Motorrad wird mehrheitlich in der Fahrstreifenmitte gefahren.

Statistische Auswertung der horizontalen Genauigkeit für GPS + RTK

Mit GPS+RKT stehen uns 2 Fahrten zur Verfügung. Die RTK Basis-Station ist seit Ende des Sommers 2024 online. In der nächsten Motorrad-Saison planen wir die Anzahl der Messfahrten deutlich zu erhöhen, um auch für dieses System eine faire statistische Auswertung anstellen zu können.

Die Streuung der mittleren Genauigkeit ist auffallend hoch, was durch die geringe Anzahl von Messfahrten begründet ist. Die Genauigkeit liegt im Mittel im Orangen Bereich, was der Fahrspurmitte entspricht. Passagen mit schlechter Positionierungsgenauigkeit sind sichtbar, es braucht aber noch deutlich mehr Fahrten, um systematische Problemstellen zu identifizieren.

Statistische Auswertung der horizontalen Genauigkeit für 2D-Sensoren

Mit 2D-Sensoren stehen uns 17 Fahrten zur Verfügung. Die Positionierungsergebnisse sind mit dieser Sensor-Konfiguration insgesamt sehr gut und homogen. Es gibt kaum Stellen, die auffallend schlechter sind. Daraus kann man durchaus schließen, dass die 2D-Sensoren, welche Sensor-Fusion nutzen, insgesamt sehr stabile und gute Positionierungsergebnisse liefern.

Takeaways der statistischen Auswertung

  • Konventionelles GNSS weist abschnittsweise

    • große Streuung auf zwischen einzelnen Messfahrten auf (nicht gezeigt),

    • sehr große Abweichungen nach links (selten) oder nach rechts (häufig) über den Straßenrand hinaus,

    • durchschnittliche Positionierung in der Straßenmitte auf, was unplausibel ist,

    • Signal-Abrisse oder vollständig unplausible Trajektorien auf.

  • GNSS + RTK weist

    • weitgehend Positionierung auf der korrekten Richtungsfahrbahn auf,

    • abschnittsweise große Abweichung rechts über den Straßenrand hinaus auf.

    • Die “statistische Auswertung“ ist über den Großteil der Mess-Strecke die Auswertung einer einzelnen Fahrt.

  • 2D-Sensorik weist

    • eine sehr gute Positionierung innerhalb der korrekten Fahrspur der Richtungsfahrbahn auf,

    • keine systematisch auffallenden Schwachstellen auf.

Vertikale Genauigkeit der Positionierung

Die vertikale Genauigkeit der Positionierung spielt für unsere Fragestellungen meist nur eine untergeordnete Rolle. Dennoch ist es bei guter Datenlage möglich, die Steigung von Straßen als Information in Verhaltensmodellen und damit auch in der Prognose, zu nutzen.

Um eine quantitative Aussage über die vertikale Genauigkeit machen zu können, brauchen wir eine “ground truth“ - also die wahre Höhe der Straße(n), in denen das Messfahrzeug fährt. Im Bereich unserer Referenz-Strecke stehen uns zwei Quellen zur Verfügung:

Das digitale Geländemodell dient als Grundlage und “ground truth“ der Höheninformation. Die Positionsdaten können nun auf das Geländemodell projiziert werden und der zugehörigen wahren Höhe über dem Meer gegenübergestellt werden.

Für eine einzelne Fahrt ist eine Auswertung der vertikalen Genauigkeit hier gezeigt.

Vertikale Genauigkeit des konventionellen GNSS

Die folgenden beiden Abbildungen stellen die gleiche Information dar: die Abweichung der gemessenen Höhe über dem Meeresspiegel gegenüber der wahren Höhe. In Graustufen ist das Geländemodell dargestellt. In Farbe ist über den Verlauf der Rossfeld-Runde der absolute, vertikale Fehler aufgetragen. Große Abweichungen sind rot dargestellt, kleine Abweichungen dunkelblau bis schwarz.

Das konventionelle GNSS weist stellenweise sehr hohe Abweichungen in beide Richtungen auf.

Diese Ansicht stellt die Isolierte Trajektorie ohne das Geländemodell dar. Die Grauschattierung deutet die Höhe über dem Meer an.

Vertikale Genauigkeit des GPS+RTK

Die GPS+RTK Konfiguration zeigt bezüglich vertikaler Genauigkeit gute Resultate, also kleine Abweichungen und wenig Ausreißer.

Die isolierte Trajektorie (eine Fahrtrichtung) weist eine auffallend schlechte Stelle auf (rechts unten). Dort stimmt das Geländemodell nicht mit der Höhe der Straße überein, da diese als Brücke über eine Senke im Gelände führt.

Vertikale Genauigkeit des 2D-Sensors

Auch die 2D-Sensor Konfiguration weist vertikal keine großen Abweichungen auf. Im Vergleich zur GPS+RTK-Konfiguration sind die Abweichungen über weite Strecken dennoch etwas größer, wenn auch nach wie vor deutlich kleiner als jene beim konventionellen GNSS.

Die isolierte Trajektorie (einer Fahrtrichtung) zeigt keine große Abweichung an der Stelle, an der das Geländemodell nicht mit dem Straßenverlauf übereinstimmt. In diesem Einzelfall liegt das an einer zusätzlich abweichenden horizontalen Position, die nicht dem Straßenverlauf folgt.

Statistische Auswertung der vertikalen Genauigkeit der drei Sensor-Konfigurationen

Im Verlauf einer Fahrt passen die berechneten Höhen abschnittsweise besser oder schlechter zur wahren Höhe über dem Meer. Die statistische Auswertung der oben dargestellten Fahrt liefert folgenden Gesamteindruck:

  • Konventionelles GNSS weist hohe Abweichungen auf:

    • Median-Abweichung > 5 m

    • Es treten viele Ausreißer auf, die auch mit der schlechten Positionsgenauigkeit (horizontal) zusammen hängen.

    • Die Ausreißer (rote Marker) reichen von -400 m bis +40 m.

  • GNSS + RTK weist deutlich schmälere Streubereiche auf.

    • Die Genauigkeit liegt im Median bei etwa 3,5 m

    • Es treten deutlich weniger Ausreißer auf, und diese liegen in einem engeren Streubereich

  • 2D Sensorik weist ebenfalls schmale Streubereiche auf:

    • Die Genauigkeit liegt bei etwa 4 m, daher etwas schlechter als bei RTK.

    • Die Streubereiche sind etwas breiter als bei RTK, aber deutlich besser als bei konventionellem GNSS.

 

Die Nutzung von RTK Korrekturdaten ermöglicht eine verbesserte vertikale Positionierungsqualität. Die auftretenden vertikalen Abweichungen vom Geländemodell halten sich in deutlich engeren Grenzen als bei Nutzung von konventionellem GNSS.

Zusammenfassung

  • Wir können unsere Messfahrzeuge mit verschiedenen GNSS-Antennen und unter Nutzung von RTK Korrekturdaten positionieren.

  • Jedes unserer Sensorsysteme hat Vor- und Nachteile, die je nach Ziel der Funktionsfahrt der Entwicklungen und im Analyse-Kontext zu bewerten sind.

  • Je nach Fragestellung oder Entwicklungsziel bestehen unterschiedliche Anforderungen an die Genauigkeit der Positionierung. Mit unseren Tools sind wir in der Lage die erreichte Positionierungsgenauigkeit automatisiert zu quantifizieren. Somit können nicht ausreichend genaue Daten identifiziert und beispielsweise aus einem Modell-Trainingsdatensatz eliminiert werden.

  • Die genutzten GNSS-Devices sind verhältnismäßig günstig und erlauben uns, in Zukunft unterschiedliche Verkehrsteilnehmer damit auszustatten. Insbesondere bei der Lokalisierung von VRUs (Fußgänger*innen, Radfahrer*innen) oder beim Aufbau von Digitalen Zwillingen des Verkehrssystems können wir gezielt Messdaten sammeln, um Prognose-Modelle zu entwickeln und konsequent zu verbessern.

  • Der Betrieb unserer eigenen Basis-Station erlaubt nicht nur uns, sondern auch anderen Interessierten in der Umgebung Hallein die Nutzung von RTK Daten. Es können beliebige Nutzer auf unsere Basis-Station zugreifen.

  • An die theoretische Genauigkeit von < 10 cm kommen wir im bergigen und bewaldeten Gebiet selbst mit RTK nicht heran. Dennoch ist die Kombination GNSS+RTK eine verlässlichere Konfiguration als konventionelles GNSS. Bezüglich vertikaler Genauigkeit ist auch 2D nicht besser.

  • Die 2D-Sensorik ist über viele Fahrten hinweg sehr genau und insbesondere dort robust, wo allein GNSS gestützte Systeme mitunter Probleme haben (Verdeckung, Überdachung, Wald).
  • Demensprechend ist die Entwicklung und Verwendung von Virtuellen Sensoren und anderen fortschrittlichen Verfahren zur Signal-Datenfusion eine effektive Methode zur Verbesserung von Sensordaten-basierten Informationen, wie das Beispiel 2d zeigt.

Ziel für die nächste Mess-Periode ist daher, einen ausreichend großen Pool von RTK Messdaten zu erstellen, mit dem auch eine statistische Untersuchung ausreichend Konfidenz aufweisen. So lassen sich die Systeme fair vergleichen. Darüber hinaus können gezielt weitere Korrelationen zwischen Positionierungsgenauigkeit und verfügbaren Qualitäts- und Fehler-Maßen der GNSS Antennen untersucht werden, um geeignete Parameter zur Identifikation nicht ausreichend genauer Daten zu entwickeln. Unsere Entwicklungen in den verschiedenen, oben genannten Anwendungsfeldern werden damit deutlich verbessert.

Weitere Informationen und vertiefende Informationen folgen in weiteren Blogs oder können bei info@andata.at angefragt werden.

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